Sonntag, 29. März 2009

Die Gümmeler


Kaum lugen scheu die ersten Sonnenstrahlen durch den grauen Winterhimmel, kriechen sie aus allen Löchern und bevölkern die Strasse, gleich Insekten, die bei der ersten Wärme schlüpfen und in Scharen die Menschheit piesacken.

Die Rede ist von den Gümmelern. Mit kämpferisch verzerrter Miene strampeln sie bei den ersten Frühlingszeichen wieder gegen ihre Midlife-Crises und den Winterspeck an. Radstreifen und sonstige Verkehrsregeln werden konsequent ignoriert, da nur (und das sei betont!) der Asphalt der eigentlichen Strasse zart genug ist um die Collies nicht zu beschädigen! Da keiner dem anderen eine Windschattenfahrt gönnt, strampeln die Gümmeler mit Vorliebe nebeneinander. PW-Fahrer mögen dies verständlicherweise nicht besonders, aber wer sich beschwert, erntet mindestens einen Stinkfinger. Als Trucker wiederum bin ich froh, wenn die strampelnde Zunft nicht hintereinander fährt, denn ich muss eh auf die Gegenfahrspur, um Gümmeler zu überholen. Umso kürzer das Fahrerfeld, umso schneller kann ich wieder einspuren.

Ein Vermuthstropfen: Der Anblick eines Gümmelers ist höchst erbaulich! Noch ist das sexy Gummistrampelhöschen wegen den kühlen Temperaturen lang geschnitten, ähnlich wie Leggins. Über die Sidi-Schalenschühchen trägt der Gümmeler aus demselben Grund eine Art Söckchen; nicht selten sogar in Weiss! Die Augen werden von einer windschlüpfrigen, orange-beglasten Brille verdeckt und auf dem Kopf tragen die Strampler einen salatschüssel-ähnlichen Helm, der an Komik nur noch durch das nach hinten spitz zulaufende Modell von Tony Rominger getoppt werden kann. Man stelle sich einen Komiker vor, der so gekleidet auf die Bühne tritt. Er müsste kein Wort sagen und hätte trotzdem jeden Lacher garantiert!

Nun ist Radfahren zweifellos ein wunderschönes Hobby. In den Bergen, mit dem Bike. Aber bislang konnte ich noch nicht herausfinden, was daran so toll sein soll, mitten in den Abgasen des motorisierten Verkehrs einen Hochleistungssport zu betreiben. Ganz abgesehen vom (oft selbstverursachten) Stress mit wütenden Automobilisten und der hochkonzentrierten Dopingbelastung! Und letztere soll ja bekanntlich sogar Hodenkrebs geben. Allerdings soll es sich dabei scheints um ein mutiertes Karzinom handeln, mit welchem man sogar noch Strampel-Weltmeister werden kann. Aber eben nur, wenn der Dopingblutspiegel stimmt.

Die Antwort auf diese Frage muss offenbar tatsächlich bei den Midlife-Crises und dem Winterspeck gesucht werden. Oder bei seniler Bettflucht oder einer Reiherente (berndeutsch für eine nicht mehr so furchtbar geliebte Ehefrau) zu Hause. Aber mir kann's ja egal sein; meine Truckerzeit nähert sich dem Ende zu. Also Gümmeler: Bald schon einen Feind weniger auf der Strasse!

Dienstag, 17. März 2009

Einblick in die Novartis-Mentalität

Letzten Dienstag hatte ich das zweifelhafte Glück, eine Komplettladung an die Novartis Sankt Joseph in Basel liefern zu dürfen. Mangels Ausschilderung der Warenannahme in diesem gigantischen Firmenareal (siehe Bild) folgt der ortsunkundige Trucker dem Schild "Novartis Campus". Dort befindet sich tatsächlich ein Tor mit Portier - aber auch ein LKW-Verbot. Der "Campus" ist offenbar der Eingang für die höheren Kader von Novartis, zumindest anhand der dort anzutreffenden Kravattendichte. Der freundliche Portier erklärte mir aber sehr routiniert den Weg zum Zentralmagazin, was mich allerdings mitten auf dem Platz zu einem Wendemanöver mit meinem Anhängerzug nötigte.

Offenbar fühlte sich ein kravattierter BMW-Offroader-Fahrer bei seiner Einfahrt in den "Campus" durch meinen Truck etwas behindert, was ihn beim Kreuzen veranlasste, mich mit "you are an asshole!" zu begrüssen. Nachdem ich diesem Schlipsfritz auf die selbe Art und in der selben Sprache meinerseits einen guten Tag wünschte, überlegte ich mir, ob dieser wohl ein Exemplar jener ach so wertvollen, gut ausgebildeten Immigranten ist, welche den Beführwortern der Freizügigkeit die Argumentation lieferten und ohne die wir Schweizer ja ach so arm dran wären. Wenn ja, dann geraten vor allem Linke in einen Gewissenskonflikt: Handelt es sich hierbei um die von Linken fast vergötterte Arroganz der Konzerne und des Kapitals, oder ist dieser Schnösel lediglich ein armer reicher Immigrant, der sich mit unseren Gepflogenheiten halt noch nicht so gut auskennt?
So oder so, ich stehe dazu, dass sich meine Abneigung gegen die Freizügigkeit seit vergangenem Dienstag noch ein wenig intensiviert hat. Ferner fragte ich mich, was diesen Kravattenständer veranlasste, so die Kontrolle über sich zu verlieren. Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wie wär's mit mit einem zu hohen Konsum von Novartis-Produkten? Unsinn; bleiben wir ernst.
Eine Möglichkeit besteht darin, dass besagtes Alphatierchen ein Morgenmuffel ist. Es war ja schliesslich auch erst etwa halb Zehn, und es ist hinlänglich bekannt, dass dies für etliche Büroheinis noch mitten in der Nacht ist. Ist ja auch wahr: Da stürcheln hunderte rotgekleideter UNIA-Funktionäre durch die Produktionshallen und heulen auf, wenn ein Arbeiter schmutzige Finger bekommt. Aber wenn Herr Vasella die unmenschliche Unverfrorenheit besitzt, seine Kaffe-und-Gipfeli-Sitzungen in aller Hergottsfrühe um Zehn anzusetzen und auch noch Pünktlichkeit erwartet, dann ist das den UNIA-Typen egal. Da muss man ja jemanden als Arschloch betiteln.
Es könnte auch sein, dass Schlippsie pikiert war, weil er "nur" einen BMW-Offroader statt einen Porsche Cayenne als Firmenwagen zur Verfügung gestellt bekam. Das weist ihn nämlich lediglich als mittleres Kader aus, wenn man SRG Idée Suisse als Referenz nimmt. Besonders schmerzlich ist diese Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass das Fahrzeug, welches ich an jenem morgen durch den "Campus" steuerte, teurer ist als BMW und Porsche zusammengezählt. Und dass der BMW aus der Perspektive des Trucks ein Kleinwagen ist, dem man vom Fahrersitz aus die Hagelbeulen auf dem Dach zählen kann. Grund genug, den Fahrer des Trucks als Arschloch zu betiteln.
Doch am wahrscheinlichsten ist folgende These: Der Novartis-BMW-Mittelkader-Kravattenständer generiert durch Massnahmen zur Gewinnmaximierung, Optimierung des Shareholder-Values, unpopuläre Entscheidungen, pragmatisches Vorgehen und unglaublich vielen Business-Lunches ungleich mehr Wertschöpfung als etwa ein Trucker, der so gemütlich ein bisschen seine Runden dreht, einem aus reinem Spass hin und wieder in den Weg steht, sich gelgentlich mal ein Elefantenrennen genehmigt und sich ansonsten ein schönes Leben gönnt. Und wer so genial und global wichtig ist wie Nadelstrefen-Charly, dem fällt Bescheidenheit zuweilen schwer. Ja, das ist schliesslich der Manager-Stress, wenn mal wieder das Patent für ein Medikament abgelaufen ist und die Alte auch noch Migräne hatte. Und dann kommt einem noch so ein tätowierter Trucker geschliffen, bloss weil man ihn als Arschloch betitelte!
Das Schöne an der ganzen Sache ist: Bei Novartis-Kaderleuten weiss man offenbar stets, woran man ist. Und was man von letzteren halten muss. Wenn sich dereinst bei mir die typischen Trucker-Beschwerden wie Rückenprobleme und dergleichen bemerkbar machen, kann ich nur hoffen, dass mich Novartis als Kunden oder Patienten und nicht als Arschloch bezeichnet.

Sonntag, 15. März 2009

Musik im Truck


Trucker hören Countrymusik. Punkt. Soweit das Clichée. Dies mag zuweilen sogar zutreffen, insbesondere an Festivals, obschon auch dort Jahr für Jahr weniger Cowboys rumstiefeln. Dass nun aber in jeder Kabine Hank Snow oder Johnny Cash aus den Boxen scheppert, ist das Wunschdenken von Trucker-Romantikern. Aber woher stammt dieser musikalische Vergleich zwischen Cowboys und Truckern?

Es ist denkbar, dass in beiden Branchen ausnehmend viele Mavericks arbeiten, dass in diesen Berufen das Freiheitsgefühl besonders gross und die Kameradschaft intensiver ist als in anderen Arbeitsbereichen. Viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen Cowboys und Truckern sehe ich beim besten Willen nicht.

Dennoch; die amerikanischen Trucker verkörperten mit ihren chromblitzenden Dieselvernichtern während Jahrzehnten das Symbol des American Way of Life und der grenzenlosen Freiheit. Genau dies wurde in den Cowboy-Songs auch besungen, beispielsweise von Michael Martin Murphey. Als Trucker wie ein gewisser Dave Dudley und seine Kumpels auf ihren Gitarren amerikanische Volklore spielten, die Cowboy-Texte aber zu Highway-Texten umschrieben, begann der Siegeszug der Trucker-Country-Songs. Dank Künstlern und Bands wie Truck-Stop, Jeff Turner, Tom Astor oder dem leider vor einiger Zeit verstorbenen John Brack ist dieses Genre auch in Europa längst ein fester Bestandteil der Musik-Szene. Und die meisten Cowboys an den Truck-Festivals sind gar keine Trucker, sondern Country- und Western-Fans.

Vielleicht wollen Sie wissen, was in meiner Hütte läuft. Und ich muss Sie enttäuschen: Praktisch keine Country-Musik. Zwischendurch DRS3, wegen der Nachrichten, den Verkerhsmeldungen und der Tatsache, dass ich diesen Sender praktisch in der ganzen Schweiz empfangen kann. Aber mit Sicherheit nicht wegen den Musikredaktoren, die einen von ihnen für gut befundenen Song so oft abspielen, dass er einem mit der Zeit wie gelber Eiter aus den Ohren trieft und man sich tunlichst hütet, die entsprechende Single käuflich zu erstehen (aktuelles Beispiel: The Boy does Nothing von Alesha Dixon- äääächz!!!).

Normalerweise aber lasse ich die Damen und Herren Dream Theatre, Savatage, Annihilator, Oceana (nein, nicht die Pop-Tussi, sondern die Rockband), Whithin Temptation oder gelegentlich Iron Maiden krachen. Und wenn es eine romantische Sonnenuntergangs-Fahrt mit Arizona-Feeling sein soll, dann darf auch mal die 80-er Popsirene Sandra ihre vor Sehnsucht und Fernweh triefende Girlie-Stimme durch die Boxen hauchen. Dave Dudleys akustische Droge fährt erst dann ein, wenn man dazu real in einem Pick-Up durch das Monument Valley brettert.

Sonntag, 8. März 2009

Parkplatznot


Das vermutlich grösste Problem im Alltag des Truckers ist der akute Mangel an LKW-Parkplätzen. Wer mit einem Anhängerzug oder einem Sattelmotorfahrzeug daherkommt, der parkiert nicht einfach eben in der blauen Zone um sich am Kiosk ein Snickers zu kaufen. Nein, es bedarf einer ziemlich grossen Fläche, um das Fahrzeug auch nur für ein paar Minuten abzustellen.

Dabei ist zu beachten, dass Berufsfahrer gesetztlich geregelte Zwangspausen einhalten müssen. Tun wir dies nicht, bezahlen wir - sofern wir dabei ertappt werden - ein schönes Scherflein an die Saläre unserer Freunde und Helfer. Nach meinem Rechtsverständnis ist es allerdings so, dass der Gesetzgeber dem Bürger die Möglichkeit geben muss, die Gesetze auch einhalten zu können. Wenn ich aber mangels Parkplätzen meine Zwangspausen nicht einhalten kann, dann ist dies meines Erachtens nicht der Fall und der Trucker sollte nicht gebüsst werden können. Zumindest sofern er nachweisen kann, dass er vergeblich einen freien Platz suchte. Naja, die Praxis ist halt auch hier etwas anders.

Eine andere Facette dieses Problems ist der Anhänger. Muss man eine Innenstadt beliefern oder eine Firma, bei deren Bau der Architekt vergass, dass ein LKW ein paar Zentimeter grösser ist als ein Smart, tut man gut daran, den Anhänger irgendwo zu deponieren und das Ziel nur mit dem Motorwagen anzufahren. Doch wo soll man den Rucksack hinstellen? Ein absolutes No-Go ist meiner Meinung nach der Parkplatz eines Trucker-Restaurants (ausser man nimmt dort das Mittagessen ein und fragt den Wirt höflich um Erlaubnis). Ebenfalls ungeeignet ist eine Raststätte, da man dort mit dem Anhänger einen Parkplatz blockiert, der vielleicht für eine Zwangspause dringend benötigt würde.

Die idealen Parkplätze bei Einkaufscentern, Industriezonen und dergleichen werden nach und nach für LKWs gesperrt, das heisst, die Zufahrten werden entweder mit Balken auf zwei Metern Höhe oder mit Granitblöcken für Trucks unmöglich gemacht. Wieso dies so ist, entzieht sich meiner Kenntnis, aber der Verdacht der reinen Schikane gegenüber Truckern drängt sich fast penetrant auf.

Ist man gezwungen, auf einer Raststätte zu übernachten, empfiehlt es sich dringend, sich spätestens um 17.00 dort einzufinden, weil man danach kaum noch einen freien Parkplatz findet. Freilich kann man drängeln, quetschen oder den LKW bis zur Einfahrt in die Raststätte an den Strassenrand stellen, den Arsch beinahe draussen auf der Autobahn. Eine ruhige Nacht hat man dann aber nicht mehr; mit einem Auge ist man stets wach und bereit, die Karre auf polizeiliches Geheiss wegzustellen.

Dieser leidige Trend löst einen Teufelskreis aus. Mangels Parkplätzen für Trucks und Anhänger sind die Trucker gezwungen, immer frecher und agressiver zu parken, was Anwohner und Grundbesitzer wiederum verärgert und sie veranlasst, noch mehr Granitblöcke oder Balken zu verlegen.

Angesichts dieser Situation muss sich KEIN Pw-Fahrer, Camper oder Handwerker wundern, wenn er seine Laube auf einen LKW-Parkplatz stellt (siehe Foto oben) und dann von Truckern ziemlich übel angepfiffen wird. Denn kleine Fahrzeuge - auch Wohnmobile und Caravans - haben auf Truck-Parkplätzen DEFINITIV nichts verloren.