Donnerstag, 26. Februar 2009

Für kleine Jungs - on the Road


Vor einiger Zeit schrieb ich über Scheisstage und wie ein klassischer Scheisstag idealerweise aussieht. Ich ging allerdings nicht auf jene Tage ein, welche die Bezeichnung "Scheisstag" ausschliesslich des Wortes wegen verdienen. Dies sei hiermit nachgeholt.
Diese Tage beginnen normalerweise kurz nach vier Uhr Morgens, nach dem ersten Kaffee, mit einem fiesen Gurgeln im Achterschiff-Bereich. Sozusagen ein gastrales Grüsslein vom Vorabend. Man entledigt sich dieses Gurgelns elegant und bequem auf dem heimischen Klo, ehe man das Haus verlässt.
In der Bude, nach dem Genuss einer chemischen Brühe, welche unter dem Label "Automatenkaffee" verkauft wird, macht sich das Gurgeln abermals bemerkbar. Man wusste es ja schon immer: Finger weg von diesem scheusslichen Blechmonstrum mit seinen ekligen Ausscheidungen, welche auch noch den Geruch des Plastikbechers annehmen. Und trotzdem tut man es immer wieder. Aber auch hier ist die Lösung des Problems ausgesprochen unkompliziert: Die Latrine ist gleich um die Ecke.
Dann aber, pünktlich um fünf Uhr, beginnt der Cruise. Nach etwa einer Stunde dann das erste Hüngerchen. Man erlabt sich an Schokolade oder an meinem persönlichen Suchtmittel: Kiloweise Basler-Läckerli. Doch dann, ohalätz: Gurgelrumpelgurgel! Und das ausgerechnet noch mehrere Lichtjahre vom nächsten Parkplatz entfernt!
Endlich kommt das erlösende blaue Schild mit dem weissen "P" drauf in Sicht. Noch tausend Meter, noch fünfhundert; der Tempomat noch immer auf Lichtgeschwindigkeit eingestellt, im letzten Moment eine Punktlandung mit Sicherheitsgurt-Belastungsprobe. Um dann festzustellen, dass sämtliche Truck-Parkplätze belegt sind; vornehmlich mit Wohnwagen.
Also wieder beschleunigen, weg hier, durchhalten, der nächste Parkplatz ist nur einige Sonnensysteme weit entfernt. Das Gurgeln nimmt eine bedrohliche Dimension an, insbesondere wenn man erkennen muss, dass dieser Parkplatz wegen einer Baustelle gesperrt ist.
Nun denn, weitergurgeln, bis die Raststätte kommt. Das dauert zwar etwas, dafür ist das Klo dort sauber und angenehm, mit Hintergrundmusik und frei von andersgestrickten Spannern. Aber dafür mit Einfränkler-Automat. Ein Blick in den Geldbeutel zeigt, dass man nur noch über Zehn- und Zwanzigrappenstücke verfügt. Der Wechselautomat wechselt von Gross nach Klein, aber leider nicht umgekehrt. Auch hier scheint so etwas wie eine Hierarchie zu spielen. Und unweigerlich denkt man an eine namhafte Spedition. Nicht bewusst, und nicht, weil sich diese Spedition speziell negativ oder positiv profiliert hätte. Nein, der Name ist es. Das einzige Wort, welches man im Moment nämlich klar denken und aussprechen kann ist "Mmmurrpfff...".
Die freundliche Dame an der Kasse wechselt den Münz-Schrott gerne und der Erlösung steht somit nichts mehr im Wege. Sie (die Dame) verkauft einem auch gerne einen Kaffee danach und zieht dem Preis für die Konsumation den investierten Gurgel-Franken wieder ab. Auf dass dieser Kaffee den ganzen Gurgel-Kreislauf wieder von vorne in Gang bringt.

Sonntag, 22. Februar 2009

Sei mir gegrüsst, liebe Krise!


Nun hat die vielzitierte Wirtschaftskrise auch die Transportbranche erreicht. Endlich haben es die Kravattenständer geschafft, dass auch wir Trucker unseren Fun haben. Es hat lange gedauert, und ich habe schon fast befürchtet, dass es gar nicht eintreffen würde. Aber gemäss neusten Gerüchten können wir beruhigt sein: Auch die Trucker hat's getroffen.

Besagte Gerüchte wissen zum Beispiel, dass der grösste Transporteur der Schweiz dutzende LKWs stillgelegt, respektive die Nummernschilder abgegeben hat. Dass die betroffenen Fahrer nun dank der Wirtschaftskrise sehr viel Freiheit haben, versteht sich von selbst. Dass diese Freiheit auch das Ende der Krise überstehen wird, dürfen die betroffenen Trucker dem Abstimmungsresultat vom 8. Februar verdanken, denn bei der Reaktivierung ihrer Trucks wird bestimmt "Vaclav, Jezdo, Miroslav oder Dildo (Gibt's letzteren Namen überhaupt? Oder klingt er einfach lustig östlich?)" auf dem Namenschild stehen. "Sepp" oder "Franz" wird definitiv zu teuer sein.

Eine andere, uns nicht ganz unbekannte Bude mit Sitz in der Nähe von Dagmersellen (man trifft die braunen Volvo Auto- oder Kühltransporter etwas zu oft auf der linken Fahrspur an) fand - wiederum gemäss glaubhaften Gerüchten - eine andere Methode, teure "Sepps" und "Franzen" loszuwerden. Der Chef persönlich soll mit dem Alk-Testgerät eines Montagmorgens in der Bude gestanden und seine Trucker auf Restalkohol getestet haben. Wohl auf der verzweifelten Suche nach einem Kündigungsgrund. Naja, ICH hätte ihm in diesem Moment sogar einen Grund für eine FRISTLOSE Kündigung gegeben: Ein Veilchen. Aber da ich für besagten Betrieb selbst bei einer Hungersnot nicht arbeiten würde, kann ich über diese Story allenfalls weise nicken.

In unserem Betrieb zeigt sich die Krise etwas kreativer, wenngleich weniger unterhaltsam. Mit Ausnahme des vergangenen Freitags, als mein Chef glaubte, für mich keine Arbeit per Montag zu haben (was sich am Freitag Abend, mitten in meinem Freitags-Besäufnis, als Irrtum herausstellte), waren wir Trucker immer voll ausgelastet.

Mein Pech ist allerdings, dass ich seit drei Monaten einen Anhängerzug fahre, dessen Motorwagen zu allem Übel auch noch mit einer hydraulischen Hebebühne ausgerüstet ist. Da dies nun der Fall ist und man einen Anhängerzug per Definium auch ohne Anhänger bewegen kann, bietet sich ein solches Gerät mit samt Fahrer auch als Stückgut-Schleuder an.

Und Stückgut ist nun wirklich - gelinde gesagt - ein Bisschen anders als meine gewohnte Überland-Tätigkeit. Im Jargon nennen wir das Jugo-Tour und man kommt sich tatsächlich vor wie ein DHL-Jugo mit etwas grösserem Fahrzeug. Kistchen hier, Päcklein dort. Siebter Stock? Mit Vergnügen, der Herr. Im Keller? Ist mir eine Freude, Monsieur! Lieferung gleich montieren? Stets zu Diensten, Gnädigste! Was, der LKW, steht im Weg? Klar, Sir, Ihr Durchfahrtsrecht geht über mein Arbeitsbedürfnis! Und das bis zu dreissig (!) Mal am Tag.

Man überlegt sich dann plötzlich ernsthaft, ob man die Freizügigkeit nicht doch begrüssen sollte. Denn die Polaken, Zigeuner und was weiss ich, zahlen ja auch Sozialbeiträge, sofern sie hier tatsächlich arbeiten. Also könnten sie doch meinen Truck steuern, Stückgut schleudern und mir einen etwas verfrühten, aber äusserst angenehmen Lebensabend finanzieren!

Sei mir gegrüsst, liebe Krise!

Sonntag, 15. Februar 2009

Schleichende Konkurrenz


Eigentlich wollte ich diesen Sonntag über das Abstimmungsresultat von vergangener Woche und die verheerenden Folgen für die Trucker und die gesamte Schweiz lästern. Aber es wurde schon so viel darüber debattiert, dass eigentlich schon alles gesagt ist. Zudem leben wir in einer Demokratie und wenn sich 60 Prozent der Bevölkerung von der EU überrennen lassen will, dann bitte! Schade nur für die vernünftigen vierzig Prozent...

So werde ich nun über einen Stand lästern, mit dem ich mich selbst sehr identifiziere und von dem wir alle sehr abhängig sind. Ich betreibe also nun so etwas wie Nestbeschmutzung.

Die Rede ist von unseren Landwirten, welche die Schweiz mit wertvollen Nahrungsmitteln versorgen, unsere Landschaft pflegen, sieben Tage in der Woche hart arbeiten und täglich ähnlich früh aufstehen müssen wie Trucker. Auch werden Landwirte, ähnlich wie wir Trucker, von den verwöhnten und verweichlichten Städtern eher von oben herab betrachtet. Eine etwas resolute Person "flucht wie ein Lastwagenchauffeur" und eine unelegante Dame "läuft wie ein Bauer", so der Volksmund.

Dabei sind die Erträge in der Landwirtschaft eher gering, und um diese Lebensader zu erhalten, muss der Staat Subventionen ausschütten. Das Einkommen ist oft so gering, dass sich gewisse Landwirte zu einem kleinen, schwarzen Nebengeschäftlein genötigt sehen.

Da die Landwirte über PS-starke Zugmaschinen und Anhänger aller Art verfügen, bieten sich Gelegenheitstransporte geradezu an. Zumal Traktoren, welche maximal 30 KmH laufen, keine LSVA bezahlen müssen. Laufen sie schneller, würden sie theoretisch zahlungspflichtig und der Fahrer müsste die ARV (siehe auch Beitrag "Pausen und Ruhezeiten") erfüllen. Aber man benötigt für sie weder einen LKW-Führerschein noch sind sie mit einem Fahrtenschreiber bestückt. Ebenso wenig fallen sie unter das Nacht- und Sonntagsfahrverbot. Also im wahrsten Sinne des Wortes eine schleichende Konkurrenz.

Nun kann mir als Angestellter das ganze ja egal sein. Es sind eher die Transporteure, welche diese Art von Konkurrenz befürchten, und der ASTAG scheint sich dieses Problems auch bewusst zu sein.

Mich als Trucker interessiert das Wort "schleichend" viel eher. Denn wenn mir über dutzende von Kilometern hinter einem Traktor das Gesicht einschläft, ist es mir egal, ob dieser den eigenen Stallmist ausführt oder zu Dumpingpreisen Dachziegel zur Baustelle bringt. Ein beladener Anhängerzug beschleunigt so langsam, dass man einen Traktor auch auf offener Strasse selten überholen kann, während die wendigen PWs ebenfalls beeinträchtigt sind, weil sie vor dem Traktor zuerst noch den Anhängerzug überholen müssen.

Besonders berüchtigt sind die Bauern im Reusstal zwischen Bremgarten und Sins (wo garantiert täglich ein LKW unserer Spedition Opfer der schleichenden Konkurrenz wird und wo parallel zur Strasse wunderbare Feldwege existieren!) sowie jene im Seeland zwischen Lyss und Kerzers. Bei letzteren könnte man so etwas wie Verständnis aufbringen, befindet sich doch in Aarberg die Zuckerfabrik und die Bauern liefern dort zur Erntezeit ihre Zuckerrüben ab.

Interessant ist die Feststellung, dass Ausweichnischen von den meisten Bauern konsequent ignoriert werden, auch wenn sie kilometerlange Kolonnen hinter sich her ziehen. Hier mein Dank an alle Bauern, welche NICHT in diese Kategorie fallen! Ärgerlich ist hier nämlich die Tatsache, dass man als Trucker schon in der ersten Lektion lernt, dass man bei starken Steigungen (etwa im Brünigpass oder in der Rampe nach Engelberg) nachfolgende Fahrzeuge überholen lässt, sofern eine Nische vorhanden ist. Ein Trucker kann bei Nichtbeachten gar gebüsst werden. Aber offenbar gelten auch hier für Traktoren andere Bestimmungen.

Ich werde mein Stimmrecht auch in Zukunft jederzeit im Sinne der Landwirte wahrnehmen, unterstütze die schweizerische Landwirtschaft wo immer möglich und erfreue mich täglich an deren Produkten. In der Hoffnung, dass damit eine schleichende Konkurrenz unnötig wird und die Bauern mit ihren Traktoren nur noch in allernötigsten Fällen auf die Landstrasse müssen.

Sonntag, 8. Februar 2009

Ein Scheisstag


Wie in jedem Job gibt es auch beim Trucking hin und wieder einen Scheisstag. Da sich Trucker aber so einiges gewohnt sind, reicht ein mürrischer Magaziner noch nicht aus, um einem normalen Tag diesen Status zu verleihen. Für einen "Scheisstag" müssen noch etliche weitere Kriterien erfüllt werden.

Es ist stets hilfreich, wenn es sich dabei um einen Freitag handelt. Denn anders als unter der Woche ist an einem Freitag jede zeitliche Verzögerung höchst ärgerlich. Schliesslich will man schnellstmöglich heim, dem Lastwagen seine Wäsche und etwas Wellness gönnen, um anschliessend im gestreckten Galopp zur Familie oder (in meinem Fall) zur Bierzapfstelle zu brettern.

Mein letzter Freitag darf getrost als Paradebeispiel eines Scheisstages gelten:

Erster Ablad: Neuchâtel, Innenstadt - der Anhänger musste ausserhalb der Stadt abgestellt werden. Der Absender der Ladung hatte eine Pallette nicht korrekt geschrumpft, womit die Kisten auf der Pallette kippten. Dank der formschlüssigen Ladung entstand kein Schaden, aber jede einzelne Kiste musste von Hand abgeladen werden.

Zweiter Ablad: Lausanne. Zufahrt zur Rampe mit dem Anhänger nicht möglich, also abkuppeln und in der steilen Zufahrt zur Rampe deponieren (die Ware war glücklicherweise ohnehin im Motorwagen). Wegen des Gewichts des vollbeladenen Anhängers und dem nicht mehr ganz zeitgemässen Kupplungssystem liess sich aber der Bolzen in dieser Schräglage nicht öffnen. Also nach mehreren Versuchen wieder wegfahren und zuerst den Anhänger bei der nächsten Abladestelle (Le Mont sûr Lausanne) abladen. Zeitverlust über eine Stunde.

Auf dem Motorwagen war inzwischen genügend Platz, um ohne Anhänger weiter nach Genf zu fahren. Also konnte der Anhänger auf einem Autobahnparkplatz deponiert werden, womit man LSVA und nerven sparen kann. Doch das mit den Nerven funktionierte leider nicht: Beim Durchladen der zwei verbliebenen Palletten (schwere Brandschutztüren) sank die Hebebühne durch das Gewicht in die Tiefe und wurde nur noch vom Deichsel gestützt. Die einzige Rettung aus dieser misslichen Lage war das Rüberstapeln von Hand. Leider erlitten einige Türen Kratzschäden. Von diesem Augenblick an war ich sehr kreativ im Erfinden von Schimpfwörtern.

Die Magaziner von Planzer in Meyrin waren über meine Ankunft um 15.00 nicht sehr erfreut, was sie mir auch deutlich zu verstehen gaben. Nebst Unfreundlichkeiten aller Art dauerte es auch eine geschlagene halbe Stunde, bis sich doch noch ein Staplerfahrer erniedrigte, um mir die handgestapelten Türen abzuladen.

Es versteht sich von selbst, dass ich genau zur Rush-Hour wieder gegen Lausanne fuhr. Im Stau stehend, sah ich auf dem Parkplatz richtung Genf meinen Anhänger stehen. Das wäre ja schön und gut, aber ich sah auch den Stau auf dieser Spur im Bewusstsein, dass ich mich auch da durchkämpfen muss, um den Anhänger abzuholen. Stau hin, Stau zurück, und wieder Stau hin.

Doch nun kommt noch das Sahnehäubchen: Das Autobahnkreuz in Lausanne war gesperrt, irgend ein Trottel hatte einen Unfall verursacht. Der komplette Verkehr wurde nach Lausanne Süd umgeleitet. Also bei der nächsten Ausfahrt raus, um den Kreisel herum und wieder auf die Gegenspur, um von der anderen Seite auf das Autobahnkreuz zu gelangen. Da dies so ziemlich jeder Verkehrsteilnehmer wohl oder übel tun musste, dauerte alleine diese Aktion rund eine Stunde.

Ich kann nur hoffen, dass nicht irgend ein Amateur meine wütenden Gestikulationen filmte und auf YouTube veröffentlicht; das wäre mehr als nur peinlich. Und was ich dem Unfallverursacher noch heute von Herzen an den Hals wünsche, ist für eine Publikation denkbar ungeeignet.

Ich erreichte unsere Spedition um 21.00 und konnte den Scheisstag eine halbe Stunde später endlich mit einem Pint begiessen.

Im Bewusstsein, dass Scheisstage glücklicherweise sehr, sehr selten sind.

Sonntag, 1. Februar 2009

Der Maverick


Der Berufsverband der schweizer Trucker Les Routiers Suisses (http://www.routiers.ch/) bietet im Rahmen eines neuen Gesetzes diverse Weiterbildungskurse für Berufsfahrer an. Unter anderem auch einen Kurs mit dem Titel "Verhalten und Toleranz". Es handelt sich dabei um einen rein psychologischen Kurs, frei von technischen Details, Ruhezeitenverordnungen und dergleichen. Viel mehr geht es um den Umgang mit jenen Mitmenschen, mit denen man im Trucker-Alltag zu tun hat. Also Verkehrsteilnehmer, Magaziner, Staplerfahrer und andere Trucker.

Dank des hervorragenden Dozenten fand ich den Kurs spannend und unterhaltsam, vertrat aber in der nachfolgenden Diskussion die Ansicht, dass er für Trucker eher ungeeignet ist. Telefonistinnen, Verkäufer, Aussendienster und dergleichen hätten mehr davon. Ein Argument der Kursverantwortlichen war, dass sich etliche Trucker durch die stete Einsamkeit in der Kabine bereits so in ihre eigene Welt zurückgezogen hätten, dass sie kaum noch kommunikationsfähig seien und daher diesen Kurs dringend benötigten.

Hier stellt sich die klassische Frage nach dem Huhn oder dem Ei. Entsozialisiert sich ein Trucker, der von Montag bis Freitag in der Kabine lebt, oder hat er diesen Beruf gerade deshalb gewählt, weil er gerne alleine ist?

Bei mir trifft sicherlich letzteres zu. Es ist kaum von der Hand zu weisen, dass man in der Kabine seine Ruhe hat, sein eigener Chef ist und auf den stundenlangen Cruises auf der Autobahn bei Musik den eigenen Gedanken nachhängen kann. Bei meinem kurzen Ausflug in die Bürowelt bin ich ob des Kommunikationszwangs fast durchgedreht; Meeting da, Sitzung dort, Gespräch mit Kundin Frunz, E-Mail an Fritz vom Aussendienst, Antwortschreiben auf die Reklamation von Kunden Schnarwiler und zwischendurch stets wieder das hässliche Düdeln des Telefons, auf welches man sich mit dem standartisierten Sprüchlein melden muss. Und wenn's mal nicht geigt, sucht man das Gespräch, du, ich habe da ein Problem, könnten wir eine Lösung finden? Und Abends dann die Frage, was man denn nun den ganzen Tag für eine Wertschöpfung geschaffen hat.

Der Trucker ist eher ein Typ, der Probleme alleine löst, der keinen Big Brother braucht, der gerne ein Zigeuner ist (ich verwende dieses Wort hier ausnahmsweise im positiven Kontext) und wenn es mal harzt, dann fliegen die verbalen Fetzen und schon weiss jeder, woran er ist.

Die Amerikaner haben dafür eine Bezeichnung: Maverick. Wenn ich in meine Kindheit und Jugend zurückblende, muss ich mir eingestehen, dass ich stets ein Maverick war und viel Zeit mit mir alleine verbrachte. Nicht weil ich wenig Freunde hatte, sondern weil ich dies so wollte. Und will. Noch immer erfreue ich mich eines Single-Lebens, kann quasi den Klodeckel offen lassen, wenn es mir beliebt und komme Abends heim, wann ich will. Und wurde Trucker, um auch beruflich ein Maverick sein zu können.

Es dürfte vielen Kolleginnen und Kollegen ähnlich ergehen. So vermute ich, dass man den Kurs "Verhalten und Toleranz" zum einen wegen des Obligatoriums besucht, und zum anderen, weil er doch recht spannend und amüsant ist. Aber vermutlich kaum, weil man sich resozialisieren will.